Er gilt als einer der vielseitigsten und prägendsten Intellektuellen der Nachkriegszeit in Deutschland und wurde auf Grund seiner oft zitierten „Sprunghaftigkeit“ kontrovers diskutiert. Seine Tätigskeitsfelder waren weitreichend, seine Biografie bewegt: Der Politikwissenschaftler und Soziologe Eugen Kogon
Eugen Kogon steht mit den Widersprüchen in seinem Werdegang stellvertretend für viele Menschen seiner Zeit. Zahlreiche Deutsche sympathisierten im Dritten Reich mit faschistischen Strukturen oder wurden zu Mitläufern. Während der Entnazifizierungsverfahren nach dem Krieg ging es in den Prozessen um die Einordnung nach "Mitläuferschaft" oder "Tätern". In diesem Kontext ist Kogons Artikel „Das Recht auf politischen Irrtum“ zu verstehen. „Es ist nicht Schuld, sich politisch geirrt zu haben. Verbrechen zu verüben oder an ihnen teilzunehmen, wäre es auch nur durch Duldung, ist Schuld.", so schreibt Eugen Kogon den Frankfurter Heften 1947.
Gleichzeitig steht Eugen Kogon für den Willen zum Aufbruch und den Wunsch, eine neue, soziale Gesellschaft in Europa aufzubauen.
Eugen Kogon wurde am 2. Februar 1903 in München geboren, seine Mutter war Jüdin, viel mehr ist kaum bekannt. Kurz nach seiner Geburt gab man ihn in eine Pflegefamilie, bald darauf in ein Internat der Dominikaner, wo er streng katholisch erzogen wurde. In diesen frühen Erfahrungen begründete sich sein tief gehender Glauben. Kogon studierte in München, in Florenz und ging schließlich nach Wien. 1927 promovierte er in Soziologie zum Thema „Faschismus und Kooperativstaat“. Er sympathisierte mit dem „Austrofachismus“, einer antiliberalen Bewegung, die einen christlichen, ständisch gegliederten Staat anstrebte und faschistische Züge aufwies. Mit dem Aufkommen der NSDAP in Deutschland begann Kogon sich von faschistischer Politik zu distanzieren und unterstützte Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Mit dem „Anschluss“ Österreichs 1938 begann die Lage für Kogon gefährlich zu werden. Bei seinem Fluchtversuch in die Tschechoslowakei wurde er verhaftet. Sieben Jahre verbrachte er in Gefangenschaft, zum Teil in Wien, ab 1942 im Konzentrationslager Buchenwald. Dort erfuhr Kogon eine grundlegende Veränderung seiner politischen Wahrnehmung. Der Austausch und die Diskussion unter den politischen Gefangenen ließen ihn zu einem überzeugten Demokraten und Verfechter des Humanismus werden.
Sofort nach Kriegsende beauftragte ihn die US Army mit der Erstellung einer Chronik über die Konzentrationslager. Innerhalb von drei Wochen schrieb Kogon den ersten Bericht. 1946 erschien dann sein Buch: „Der SS-Staat: Das System der deutschen Konzentrationslager“. Das Buch wurde in mehrere Sprachen übersetzt und allein in deutscher Sprache über 500.000 Mal verkauft.
Als ich mit 13 Jahren begann, mich mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen, las ich auch Kogons Buch.
Ich vergesse nie, wie mich Kogons präzise und sachliche Schilderung der furchtbaren Zustände in den Konzentrationslagern beeindruckte. Damals ahnte ich nicht, dass ich ihn für mein Buch später porträtieren sollte.
1946 gründete Kogon mit Walter Dirks die Frankfurter Hefte, eine linkskatholisch geprägte Zeitschrift für Kultur und Politik, die zu den bedeutendsten politisch-kulturellen Blättern der Zeit gehörte. Weiter setzte er sich für eine gemeinsame Europapolitik ein. So wurde er 1949 bis 1954 Präsident der Europa-Union Deutschland.
1951 berief die Technische Hochschule Darmstadt Eugen Kogon auf den erstmals eingerichteten Lehrstuhl für Politikwissenschaft. Seine
Emeritierung folgte 1968.
1965 leitete Kogon das ARD-Politmagazin Panorama, gab diesen Bereich jedoch nach einem Jahr wieder ab. Kogon tat sich schwer mit den gesellschaftlichen Umwandlungsprozessen während der
Wirtschaftswunderjahre. Deutschlands Eintritt in die NATO sowie die Wiederbewaffnung unter Konrad Adenauer lehnte Kogon ab. Letztendlich zog er sich resigniert zurück. Er starb am 24.
Dezember 1987 in Königstein im Taunus.