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Ach Hermione! – zwischen Kunst und Pathos

„Eine Verrückte!..." da waren sich Bekannte, die ich zu Hermione von Preuschen befragte, seltsam einig. Bei keiner anderen Kalender-Persönlichkeit war ich so hin- und hergerissen wie bei Hermione von Preuschen: zwischen Bewunderung für Ihren Mut und ihre Tatkraft sowie einem leichten Schaudern angesichts ihrer egozentrischen Persönlichkeit. Wie oft dachte ich beim Lesen, der gerade frisch erschienenen Biografie von Bernd Erhard Fischer: „Oh nein, Hermione, bitte nicht!"  In ihrem Leben hat sie sehr viele „Fettnäpfchen" betreten, manche absichtlich, andere eher vollkommen ahnungslos, im Rausch ihrer Visionen und Illusionen. Hermione von Preuschen – Malerin, Erfinderin der historischen Stilllebens, Dichterin, Frauenrechtlerin und Weltreisende – ein Leben voller Höhen und Tragik!

Trotzdem aber glaube ich an die Berechtigung der Frauenemanzipation – wie ich an die Sonne glaube. Sie liegt in der Luft, sie ist zeitgemäss, unaufhaltsam" , so Hermione von Preuschen auf dem Frauenkongress in Berlin von 1896.
Eigentlich hieß Hermione Hermine Ernestine Henriette Anna Freiin von Preuschen, doch dieser Name erschien ihr recht langweilig zu sein. Kurz entschlossen änderten sie ihn bereits als Jugendliche in „Hermione" um.
An Selbstbewusstsein mangelte es ihr nicht.

Die in Darmstadt geborene Baronin wollte Malerin werden, doch das Studium an Kunstakademien war Frauen damals untersagt. Man fürchtete die sittliche Verrohung des schwachen Geschlechts. ( B.E. Fischer) Kurz entschlossen zog Hermione mit 15 Jahren nach Karlsruhe und nahm dort privaten Malunterricht bei Ferdinand Keller. Bald hatte sie sich einen Namen als Malerin von Blumenstillleben erarbeitet und fand zahlreiche Kunden in Adelskreisen. Sie entwickelte ihren Stil weiter und „erfand" das „historische Stillleben“. Zum gesellschaftlichen Eklat kam es 1887 mit ihrem Bild „Mors Imperator“, das sie für die Berliner Kunstausstellung eingereicht hatte. Das „gekrönte Skelett“ wurde als Affront gegen den alternden Kaiser Wilhelm I. gesehen. Darüber ging ihre Freundschaft zu Kaiserin Viktoria in die Brüche, mit der sie bis dahin gelegentlich zusammen gemalt hatte.

Dennoch: Kurz entschlossen mietete Hermione einen Laden in Berlin und stellte das verfemte Bild gegen Eintritt aus – mit Erfolg: Innerhalb von zwei Wochen kamen mehr als 6000 Besucher. Zum Schluss hatten es in Berlin an die 10.000 Menschen gesehen. Hermione konnte ihre Karriere weiter ausbauen. 1891 heiratete sie nach gescheiterter erster Ehe den Schriftsteller Konrad Telmann und wohnte mit diesem vorwiegend in Rom. Bei ihm fand sie das Glück, das sie später vermissen sollte. Um 1895 entstand auch das Bild „Kirke und die Schweine" „ Meinst du wirklich das Publikum versteht´s? Ein bisschen schlüpfrig ist es schon", so Konrad Telmann. Nun das Bild sorgte dann auch für einige fulminante Artikel und Spott in der Presse. Nach Telmanns frühem Tod zog Hermione nach Berlin und begann nach einer Phase des Rückzugs  ein neues Vorhaben. Im kleinen Ort Lichtenrade erbaute sie neben der Villa „Tempio Hermione“ eine Kunsthalle, um ihre eigenen Werke ausstellen zu können.
Dazwischen war sie beständig 
auf Reisen – Asien, Amerika, Afrika – die Liste der bereisten Länder ist beachtlich. Sie arbeitete als Dichterin, veröffentlichte mehrere Gedichtbände, Novellen und Reiseberichte. Leider gelang es ihr immer wieder, bei ihren Zeitgenossen anzuecken. Sie galt jedoch auch als überzeugende Rednerin bei Frauenkongressen. „Und mit gütiger Erlaubnis ist das Genie so frei, sich nicht nach dem Geschlecht zu kehren, es fließt in die Seelen wem und wann es will..."

Hermione fand keinen inneren Frieden. Hin- und hergerissen zwischen Sehnsucht und Realität, konnte sie den Strömungen der Zeit in der Kunst nicht mehr folgen. Ihr Werke waren bereits zu ihren Lebzeiten nicht mehr gefragt, in der Kunsthalle ihrer Villa Tempio Hermione stapelten sich die unverkauften Bilder. Die meisten ihrer Arbeiten sind heute verschollen. Von ihrer Familie hatte sie sich schon lange entfremdet. Hermione von Preuschen geriet in Vergessenheit. 
„Und ich begann schon früh zu fühlen, dass mein Herz viel zu warm sei für die gewöhnliche Welttemperatur. So hat es denn, mit wenigen Ausnahmen, sein Leben lang gefroren."
Ich danke Agnes Schmidt von der Luise Büchner-Gesellschaft, die mich auf diese spannende Frau aufmerksam machte und empfehle folgende Biografie: „Hermione, die Flucht ins Leben", Bernd Erhard Fischer