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Hans Ulrich Engelmann – H.U.

„...als Mensch war H.U. ein absoluter Grandsegnieur, ein weltläufiger Gentleman und Bon Vivant wie es sie heute gar nicht mehr gibt. Absolut beeindruckend und inspirierend...", so Christopher Dell, Vibraphonist, Komponist und brillanter Kopf über den Darmstädter Komponisten Hans Ulrich Engelmann, kurz H.U. genannt. Treffender kann man es wohl kaum formulieren.
Bis heute spürt man die Inspiration, Wertschätzung sowie die motivierende Dynamik die von Hans Ulrich Engelmann ausging.

„Am Fon Hans Ulrich Engelmann, der abwesend nicht sprechen kann..", so lautete die Ansage auf seinem Anrufbeantworter, die einem seiner Freunde, Harald Marks, unvergessen blieb. 

Auf den Archivlisten der Darmstädter Ferienkurse von 1946 ist er als Student Nr. 1
vermerkt
und dies zeigt bereits seine tiefe Verbundenheit mit der Neuen Musik: Hans Ulrich Engelmann, Musiker und Komponist, 1921 in Darmstadt geboren. Er stammte aus einer bürgerlichen Familie. Sein Vater, kaisertreuer Offizier im 1. Weltkrieg und Jude, wurde 1945 im Ghetto Theresienstadt erschossen. Trotz dieser Tragödie gelang es Engelmann, die Schulzeit während des Naziregimes in Darmstadt zu überstehen.  „Ich musste die Kunst des Sich-Durchlavierens lernen, und viele halfen mir dabei", so Engelmann. Zum Glück wurde sein Talent am Klavier früh erkannt und so begleitete er die Schulkonzerte als „Adlatus“ des Dirigenten. Die Komponisten René Leibowitz und Ernst Krenek gehörten zu seinen Vorbildern und prägten seine Vorliebe für die Zwölftonmusik, aber auch das Thema Jazz war bei „H.U.“ immer präsent. „Ich entdeckte den Jazz, dessen Rhythmik mir zu einer Schule wurde, die ich nie mehr habe missen mögen..."  Kein Wunder, dass er daher Zeit seines Lebens auch stets im intensiven Kontakt mit der Jazzszene stand. Ab 1947 studierte er Musikwissenschaft, Kunstgeschichte, Literatur sowie Philosophie u.a. bei T. W. Adorno in Frankfurt. 1952 promovierte er über Bartóks „Mikrokosmos“. Engelmann arbeitete als Dramaturg, Schauspielkomponist und Regieassistent an vielen deutschen Theatern. 

Ein besondere Liebe verband H.U. mit Italien. Mehrere Stipendien und Aufenthalte in der Villa Massimo in Rom sowie der Austausch mit internationalen Künstlern kamen seinem universalen, kommunikativen Geist entgegen. Später erhielt er eine Professur in Frankfurt. Es war die Zeit der Studentenunruhen, aber H.U. blieb immer offen für Diskurs und Auseinandersetzungen, bezog jedoch auch Position: „Kunst kommt von Müssen, angelerntes Können vorausgesetzt“   und  Kunst entsteht aus Zwangshandlungen eines Ich lasse Dich nicht". Denn wer es lassen kann, wer es nicht muss, der macht es als Hobby: Als Autodidakt, als einer, der seine Freude am Basteln hat...."

Mit seiner Frau, der Malerin Roma Engelmann, lebte er in einem Künstleratelier auf der Rosenhöhe. Er förderte junge Musiker, belebte als inspirierender Gesprächspartner Diskussionen und Talks, ein Mann von Welt und ein großzügiger Gastgeber.
Und doch durchlebte er auch Zeiten der Tiefen und des Rückzugs:

... Es ist gefährlich mit der Heiterkeit, ich bevorzuge das lateinische Serenitas". Ich habe mich immer eher mit der Melancholie der Clowns identifiziert." und als Abschluss seines Buches „Vergangenheitsgegenwart":

 TROTZDEM also: Fröhlichkeit – die alte gute Serenitas als Überwindung der Schwere von Innen nach Außen!"

 


Engelmann zu Liebe habe ich mich etwas in das Thema Neue Musik eingearbeitet und vieles dazu gelernt. Klänge von Stockhausen, Krenek, Luigi Nono, Cage und anderen Komponisten  durchzogen den Arbeitsraum.  Auf der Suche nach H.U.s Kompositionen und Werken, fand ich lediglich eine CD im Handel verfügbar, mit Vertonungen zu Gedichten von Karl Krolow, Erich Kästner, Kurt Tucholsky sowie zahlreichen, spannenden Kompositionen. Um seiner Musik wenigstens etwas gerecht werden zu können, wählte ich für die Illustration ungewöhnlichere Mittel: Ich scannte verschiedene Küchengeräte ein, um sie als Klangbilder zu verwenden, vielleicht hätte ihm das gefallen :-) Und hier zum Reinhören, Ensemble MutareHans Ulrich Engelmann: mini - music to Siegfried Palm, op. 38


Vielen, die Hans Ulrich Engelmann kannten, ist er bis heute unvergessen: facettenreich, voller Humor und inspirierend.

Ich freue mich sehr, dass ich die Möglichkeit hatte, mit Menschen, die H.U. kannten, ins Gespräch zu kommen.

Großer Dank geht an Harald Marks, Wolfram Knauer und Christopher Dell für die schönen Gespräche und Inspirationen.

Zitate von Hans Ulrich Engelmann aus "Vergangenheitsgegenwart Erinnerungen und Gedanken eines Komponisten", Justus Von Liebig Verlag, Darmstadt 2001